6 April 2022

6 Monate auf Reisen mit T1D: Wie geht man das am besten an?

Stellen wir zunächst mal eines klar: Nein, es ist nicht der ideale Zeitpunkt, um mitten in einer Pandemie eine 6-Monatige Auszeit („Sabbatical“) zu nehmen. Aber seien wir ehrlich: Die Pandemie dauert jetzt schon fast 2 Jahre, und die meisten von uns haben deswegen schon viele Pläne verschoben. Und Reisen gehört wahrscheinlich zu den Dingen, die am meisten verschoben wurden. Ganz gleich, ob das 2 Wochen Spanien, ein Skiurlaub in Österreich, eine lang ersehnte Reise nach Bali oder eben das Sabbatical ist, für das man schon so lange gespart hat. 

Aber tja, ich wage jetzt den Sprung ins Ungewisse und reise 6 Monate lang durch die USA und Kanada (und zu weiteren Zielen, die sich unterwegs noch ergeben werden).

Wie plant man das?

Schritt 1: Sparen, sparen, sparen.

Schritt 2: Mach einen Plan. Ändere deinen Plan. Mach einen neuen Plan. Ändere ihn wieder … Wird notwendig sein, durch die Pandemie und so …

Schritt 3: Berechne alles rund um den Diabetes.

Schritt 4: Bestell deine diabetesbezogenen Vorräte und hol dir die notwendigen Dokumente.

Schritt 5: Gönn dir ein wenig Selbstmitleid wegen des ganzen Diabetes-Zeugs, das du mitnehmen musst.

Schritt 6: Pack das ganze Diabetes-Zeugs + 2 Unterhosen + 1 Paar Socken ein.

Schritt 7: Die Reise kann losgehen!

Schritt 1 und 2 waren recht einfach zu bewältigen. Wir haben beschlossen, nicht zu viel zu planen, sondern unterwegs einfach spontan zu entscheiden. 

Weiter zu Schritt 3: So habe ich berechnet, wie viel ich von allem brauche. Ich benutze FGM also brauche ich genug Vorräte für 180 Tage (und einige zusätzliche, falls die Dinger sich lösen oder nicht funktionieren). Ich habe also 20 FGM besorgt. Das sollte für 25 Wochen reichen. Laut Berechnung würde ich 13 brauchen, aber vorsichtshalber möchte ich lieber noch 7 weitere mitnehmen. 

Als Nächstes: die Vorräte für meine Insulinpumpe. Ich verwende eine Pumpe, die in den USA nicht erhältlich ist. Dadurch kann ich mich nicht auf die örtliche Versorgung verlassen, wenn ich mal Nachschub brauche. Ein neues Infusionsset alle 3 Tage plus Ersatzteile, neue Schläuche alle 3 Tage und eine neue Ampulle alle 3 Tage. Das ergibt insgesamt 80 Infusionssets, 80 Schläuche, 10 Fläschchen Insulin und 80 Ampullen.

Dann brauche ich natürlich noch eine Reserve-Insulinpumpe, ein Blutzuckermessgerät (+ Reserve), eine Setzhilfe für das Infusionsset (+ Reserve), zwei Novorapid FlexPens und Nadeln (vorsichtshalber), einen Tresiba Pen (vorsichtshalber), zwei Glucagon Nasensprays, mehrere Desinfektionstücher, ein paar Skin Tac, einige Lanzetten, Batterien und Batterieabdeckungen. Das war‘s, glaub ich.

Oh, ja, und der Papierkram natürlich. Mein Krankenhaus (Diabeter) hat mir ein Attest mitgegeben, das bestätigt, dass ich alle meine Tools für das Diabetesmanagement während der Reise nicht ablegen muss und dass ich meine gesamte Diabetes-Ausrüstung ins Flugzeug mitnehmen darf. Wirklich praktisch! In meiner Apotheke habe ich außerdem eine Medikamentenübersicht angefordert, damit es am Flughafen oder am Reiseziel keine Probleme gibt. Jetzt kann‘s losgehen!

SO viel Zeug!

Nachdem man seine Vorräte bestellt hat – in der zweiten Januarwoche, ohne eigenes Risiko, dank der niederländischen Krankenversicherung – und nach der Lieferung die ganzen Kartons sieht, setzt die Panik ein. Es ist SO VIEL! Man kann aber viel Platz sparen, wenn man alles aus den Kartons nimmt. Die ganzen Informationsbroschüren, und es befindet sich jede Menge Luft in den Kartons. Wenn man alles aus den Kartons nimmt, ist der Stapel plötzlich nur noch halb so groß. Bei einer Fluggesellschaft, bei der man ein Stück medizinisches Gepäck mitnehmen darf, passt mehr als die Hälfte meines Diabetes-Zeugs in eine (nicht besonders große) Umhängetasche. Den Rest verteilen wir auf zwei Rucksäcke, die wir als Gepäck abgeben, und zwei Rucksäcke, die wir als Handgepäck mitnehmen.

Letztendlich haben wir noch genug Platz für mehr als nur zwei Unterhosen und ein Paar Socken. Wir überspringen also die Hälfte von Schritt 6 – FREUDE! – und müssen uns nur noch um alles andere kümmern, das vor unserer Abreise eingepackt und erledigt werden muss. Du weißt schon: die üblichen Dinge, die nichts mit Diabetes zu tun haben. Und das ist ganz schön viel für eine 6-monatige Reise … Was den Diabetes betrifft, bin ich aber zum Abflug bereit!

Über Veerle

Mein Name ist Veerle. Ich gönne mir gerade eine Auszeit von meiner Tätigkeit als Marketer im Gesundheitswesen, um zu reisen, zu entspannen und die Welt zu erkunden. Derzeit bin ich in den USA, wo viele Wanderungen, Bücher und Ausschlafen auf dem Programm stehen. Schrittweise planen wir auch die nächste Etappe unserer Reise, die uns hoffentlich nach Kanada führen wird. Der Diabetes begleitet meinen Partner und mich auf Schritt und Tritt. Für Kaleido berichte ich davon, wie sich dieser ungewollte Reisebegleiter in den nächsten Monaten benimmt.