Colourful umbrellas
3 November 2019

Mein Weg von „Dia-bad“ zu „Dia-badass“!

Bei mir wurde bereits 1997 im Alter von 6 Jahren Typ-1-Diabetes festgestellt. Die meisten Menschen denken, dass ich mich im Laufe der Jahre an ein Leben mit Diabetes „gewöhnt“ habe, aber da liegen sie völlig falsch.

Tatsächlich hatte ich mit jeder neuen Lebensphase mit Typ 1 meine ganz neuen Herausforderungen. In meinen Teenagerjahren rebellierte ich völlig gegen meine Krankheit. Nachdem ich Jahre lang mit Diabetes-Burnout gekämpft hatte und einfach „normal“ sein wollte, gab ich meine Behandlung fast ganz auf. Glücklicherweise bin ich in all diesen Jahren nie wegen meines Diabetes ins Krankenhaus eingeliefert worden (toi, toi, toi). Aber keine Ahnung, wie ich es geschafft habe, zu überleben. An manchen Tagen gab ich überhaupt keine Injektionen, an anderen gab ich 20 Einheiten auf einmal und hoffte das Beste. Ich würde euch gerne von meinen Blutzuckerwerten von damals erzählen, aber ich hatte ehrlich gesagt nicht einmal ein funktionierendes Messgerät! Schenke Diabetes keine Beachtung, und er ist quasi nicht da – das war mein Motto. Ich trank, rauchte, feierte und aß alles, ohne darüber nachzudenken.

Die Kontrolle übernehmen

Vor einigen Jahren, mitten in der Planung unserer Hochzeit, wurde mir plötzlich bewusst, dass ich mich langsam umbringe. Wenn ich irgendwann einmal Kinder haben wollte, dann musste ich etwas ändern. Also beschloss ich, die Kontrolle zu übernehmen. Es fühlte sich an, als hätte man die Diagnose zum ersten Mal gestellt. Zuerst besorgte ich mir ein neues Blutzuckermessgerät. Aber festgelegte Insulindosen zu jeder Mahlzeit gehörten der Vergangenheit an. Jetzt musste ich lernen, wie man Kohlenhydrate zählt. App und Buch für Kohlenhydrate wurden zu meinem heiligen Gral und meine treue Küchenwaage zu meinem ständigen Begleiter bei jeder Mahlzeit. Es war nicht leicht, und obwohl ich die Unterstützung meines Mannes hatte, fühlte ich mich oft überfordert und allein!

Die Online-Community

Eines Tages scrollte ich ziellos durch mein Instagram Feed und stieß auf einen Post von jemandem, der stolz seine Blutzuckerwerte präsentierte. Ich konnte nicht glauben, dass jemand seinen Diabetes mit der Außenwelt teilt, schon gar nicht in den sozialen Medien. Schnell stellte ich fest, dass es eine ganze Gemeinschaft von Menschen mit Diabetes gab, die ihre Erfahrungen, Tipps und Ratschläge online miteinander teilten. Kurz darauf erstellte ich heimlich meinen eigenen Diabetes-Account auf Instagram, damit ich ihre Wege verfolgen konnte. Nachdem ich ein paar Wochen im Verborgenen beobachtet hatte, bekam ich das Selbstvertrauen, meinen allerersten Post zu veröffentlichen. Was für eine Befreiung! Ich hatte diese Krankheit jahrelang versteckt, war vor ihr weggelaufen und hatte sie ignoriert. Und auf einmal teilte ich stolz mit Millionen von Menschen meine Erfahrungen. Damals vielleicht nur mit ein paar Followern – aber es fühlte sich trotzdem super an!

Damit begann meine Reise zur Akzeptanz! Teil einer Gemeinschaft von Menschen mit Typ-1-Diabetes zu sein, die dieselben Höhen und Tiefen durchmachen wie ich, hat diesen negativen Teil meines Lebens zum Positiven gewandt. Mir wurde schnell klar, dass Diabetes nicht klinisch und langweilig sein muss. Seither habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, der Community dabei zu helfen, ihren Diabetes zu „verschönern“!

Es ist okay einen schlechten Tag zu haben

Während ich das hier schreibe, klingt alles so einfach, aber das war es nicht! Ich erinnere mich an einmal, als ich in Diabetes-Wut mein Abendessen an die Küchenwand warf und anschließend auf dem Boden saß und mir stundenlang die Augen ausweinte! An manchen Tagen macht man alles auf den Punkt genau, zählt jedes Gramm Kohlenhydrate, gibt einen genauen Bolus, kontrolliert 50 Mal den Blutzucker und trotzdem macht er nicht das, was er soll – so frustrierend!

Das passiert mir zwar immer noch, aber seltener, und ich akzeptiere diese miesen Tage. Es gibt sie und das ist okay! Mein Weg von „Dia-bad“ zu „Dia-badass“ hat sich so sehr gelohnt! Kohlenhydrate zu zählen ist mir in Fleisch und Blut übergegangen. Ich habe keine Angst mehr davor, zu messen oder Insulin abzugeben, weil ich weiß, dass es mich gesund und am Leben hält. Mithilfe von Technologie – zuerst Freestyle Libre, dann Dexcom und jetzt eine Insulinpumpe – kann ich meinen Blutzucker viel genauer vefolgen und selbst Anpassungen vornehmen, ohne ständig zu meinem Diabetesberater rennen zu müssen. Mein jetziger Hba1c-Wert ist so niedrig wie nie zuvor, was mich so stolz macht!


Über Claire

Claire, die viele als „Organising Chaos“ auf Instagram kennen, hat inzwischen quasi Diabetes-Level 22 erreicht. Nachdem sie an schwerem Diabetes-Burnout gelitten hatte, fand sie die Diabetes-Online-Community, die ihr half, ihren Diabetes zu akzeptieren. Sie leitet jetzt hauptberuflich ein Unternehmen für Diabeteszubehör, das anderen Menschen mit Diabetes dabei hilft, ihren Diabetes zu „verschönern“.