Als ich mein Diabetes-Team 2014 zum ersten Mal nach einer Insulinpumpe fragte, war ich in einer Langzeitbeziehung. Ich fühlte mich wohl, sicher und unterstützt. An und für sich lebte ich seit fast 20 Jahren gut mit Injektionen. Nichtsdestotroz wusste ich, dass eine Insulinpumpe Funktionen hat von denen ich profitieren könnte, besonders wenn es um sportliche Aktivität geht. Zuvor hatte ich die Idee immer mit einem Achselzucken abgetan, wenn irgendein Berater sie erwähnte. Ehrlich gesagt hatte ich weder Lust noch Kraft noch mehr Energie in meinen Diabetes zu investieren. Und was noch wichtiger war: Ich wollte mich nicht an ein Medizinprodukt binden. Ich hatte das Tragen einer Pumpe immer als zu sichtbar empfunden. Deshalb hatte ich das Gefühl, dass sie meinen Diabetes anspricht, bevor ich die Chance dazu hatte. Ich hatte gedacht (zu Unrecht, wie sich herausstellte), dass sie mir die Entscheidung von meinem Diabetes zu erzählen, abnehmen würde. Dabei hatte ich das seit ich 9 war immer sorgfältig selbst entschieden.
Die Rolle meines Diabetes
Typ-1-Diabetes ist seit 1996 mein Begleiter. Während dieser Zeit fand ich mich gut zurecht. Egal, ob in der Schule, an der Universität oder beim Dating. Allerdings hat sich der Fokus auf dieses Thema im Laufe der Jahre stark verändert. Ich fand es nie wirklich schlimm über meine Erkrankung zu sprechen, aber in meinen Teenagerjahren trat Diabetes sehr stark in den Hintergrund. Damals musste ich erstmal herausfinden, wer ich war, worum es mir ging, was mir wichtig war.
Nach der Universität habe ich meine Zeit sehr genossen und ich habe angefangen, meinem Diabetes viel mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Ich war es leid, mich ständig schlecht zu fühlen. Damit kam auch ein Gefühl der Eigenverantwortung. Als ich meine ersten ernsthaften Beziehungen einging, war Diabetes etwas, mit dem ich allein zurechtkam. Ich teilte nicht allzu viel mit meinen Partnern, außer dass ich dafür sorgte, dass er eine Unterzuckerung behandeln kann. Letztlich war es meine Erkrankung, mit der ich selbst zurechtkommen musste. Meine Messungen und Injektionen machte ich quasi im Schlaf – nichts wurde wirklich ausführlich besprochen.
Als ich täglich mehrmals spritzen musste, saß mir mein Typ-1-Diabetes bei Dates ganz schön im Nacken. Ich erinnere mich, wie elend ich mich gefühlt habe, als ich auf der Toilette einer Londoner Bar Süßigkeiten verschlang, weil ich unterzuckert war und einfach keine Lust hatte, jetzt dieses Gespräch zu führen. Bei anderen Dates war es manchmal kurz Thema, aber im Allgemeinen wurde es mit einem lässigen Schulterzucken abgetan.
Der erste Schritt in Richtung Pumpe
Als ich 2014 meinen Partner traf nahm Diabetes einen größeren Raum ein. Erst eine Woche zuvor war ich für eine Diabetes-Wohltätigkeitsorganisation mit dem Fahrrad nach Paris gefahren und fühlte mich wie eine Superheldin. Ich war stolz auf das, was ich wegen und trotz meines Diabetes erreicht hatte, und es war bei unserem ersten Date ganz natürlich zur Sprache gekommen. Unsere Beziehung entwickelte sich weiter und empfand ich ein Gefühl des Stolzes auf meinen Körper. Auch dadurch waren die früheren Bedenken, dauerhaft an ein Gerät gebunden zu sein, geringer geworden.
Das brachte mich in zurück zu meinem Diabetes-Team, um mich nach einer Pumpe zu erkundigen. Einen Partner zu haben, der mich mit diesem Gedanken unterstützt, spielte bei dabei eine große Rolle. Es war nicht so, dass ich es nicht auch allein getan hätte. Aber zum Glück hatte ich jemanden, mit dem ich all die Informationen und Bedenken teilen konnte, die mit diesem neuen Bauchspeicheldrüsenersatz verbunden waren.
Eine neue Beziehung entsteht
Als diese Beziehung drei Jahre später in die Brüche ging, musste ich mich also nicht nur zum ersten Mal (!) in der Welt der Dating-Apps zurechtfinden, sondern auch einen neuen Weg finden, anderen von meinem Typ-1-Diabetes zu erzählen – denn jetzt kam meine Pumpe zu meinen Dates mit.
Glücklicherweise ist es in meinen 30ern fast kein Problem mehr, bei Dates über mein Leben mit Diabetes zu sprechen. Vielleicht fühle ich mich einfach wohler mit mir selbst und im Allgemeinen, aber je länger ich mit Diabetes lebe, desto mehr musste ich das Thema in allen möglichen Situationen bei allen möglichen Menschen ansprechen. Mittlerweile habe ich es unzählige Male neuen Kollegen, neuen Freunden, Sportlehrern und neugierigen Fremden erzählt.
Darüber hinaus bin ich unglaublich stolz darauf, Teil der Diabetes-Community zu sein, und auf die Arbeit, die ich mit ihr geleistet habe. Dies ist auch eng mit meiner Medienkarriere verbunden. Bei jedem ersten Date kommt früher oder später die Frage „Was machst du beruflich?“, sodass es nie lange dauert, bis mein Diabetes die Bühne betritt. Auch wenn mein Typ 1 nicht Teil meiner Arbeit war, geht es bei Dates oft um Essen und Trinken. Irgendwann muss ich dann eh zumindest meinen Blutzucker messen oder einen Bolus abgeben. Heutzutage nehme ich das gerne als Gesprächseinstieg.
Bei all den Dates, die ich hatte (und immer noch habe … seufz) war es beruhigend festzustellen, dass die häufigste Reaktion Neugier oder Faszination war. Manchmal war es sogar Bewunderung (keine schlechte Sache, oder?!). Wenn ein potenzieller Partner ein Problem mit meiner chronischen Krankheit hat, möchte ich es lieber gleich wissen. Das hat dann meinerseits ein sofortiges „auf Wiedersehen“ zur Folge. Ich bin viel zu sehr damit beschäftigt, mein Leben zu leben, um mich mit einer solchen Person auseinanderzusetzen.
Und was ist mit Sex?
Beim ersten Date über Diabetes zu sprechen, ist eine Sache, aber mit einer gewissen Intimität kommt noch eine andere Sache ins Spiel. Das weiße, sehr medizinisch aussehende „Ding“, das aus meinem ansonsten weiblichen Körper herausragt. Auch wenn ich mich lange mit meinem Körperbild auseinander setzen musste, fühle ich mich selten verletzlich, wenn ich nackt vor jemandem stehe. Ich denke, wenn man so weit gekommen ist, dass man bereit ist, miteinander zu schlafen, dann sollte ein lebensrettendes Gerät daran nichts ändern. Meine Pumpe ist jetzt einfach ein Teil von mir. Auch hier denke ich, dass das für mich mit dem Alter und, ähm… der Erfahrung gekommen ist. Aber ich weiß auch, dass es nicht jedem so geht.
Für diejenigen unter euch, die sich Sorgen machen, was ein Partner denken könnte: Ich habe ein Gespräch mit einem früheren Partner über Sex und das Tragen einer Pumpe nie vergessen. Seine einzige Sorge war, dass er sie dabei aus Versehen löst. Und dann sagte er mit einem Grinsen: „Ehrlich gesagt ist deine Pumpe wahrscheinlich das Letzte, was mir auffällt, wenn du nackt vor mir stehst.“ Ich konnte nicht aufhören, zu lachen… und machte mir nie wieder Gedanken darüber.
Über Jen
Jen Grieves ist Schriftstellerin und Digitalproduzentin aus London und bloggt über Typ-1-Diabetes. Sie lebt seit 23 Jahren mit Diabetes, und ihren Blog findet ihr unter missjengrieves.com.