Vor zehn Jahren wurde bei Francis nicht nur Diabetes Typ 1 festgestellt, sondern auch Schäden an den Augen. Es wurden mehrere „Infarkte“ – kleine, lokal begrenzte Bereiche, wo Gewebe aufgrund mangelnder Durchblutung abgestorben war – gefunden, sodass Francis nur noch eine Sehkraft von 1,5 % hatte und damit sehbehindert war.
Heute führt Francis ein äußerst aktives Leben. Sie geht oft im Wald spazieren, hat einen festen Arbeitsplatz und verbringt viel Zeit mit ihren Freunden. Das Francis so aktiv ist, ermöglichen ihr die beiden Hunde Nikki und ihre Hunde-Schwester Claire, die stets an Ihrer Seite sind.
2015 nahm Nikki ihren Platz an Francis‘ linker Seite ein. Nach sechs Jahren harter Arbeit ist Nikki nun im Ruhestand und läuft als Freundin und Begleiterin an Francis‘ rechter Seite. Auf der linken Seite hat Claire seit dem Ihren Hunde-Arbeitsplatz eingenommen.
Wie finden ein Hund und der oder die passende BesitzerIn zusammen?
Bevor ein Begleithund einer Person zugeteilt wird, arbeiten Profis intensiv daran, ein perfekt passendes Paar aus Hund und BesitzerIn zu finden. Der Charakter von Mensch und Tier wird genau unter die Lupe genommen, aber auch der Lebensstil der Person, die Unterstützung benötigt, fließt in die Bewertung ein. Das gilt für den aktuellen Lebensstil wie auch für den angestrebten Lebensstil. Weitere Faktoren wie Genetik, Schrittgeschwindigkeit, die Fähigkeit zu arbeiten und die Konfliktbewältigungskompetenz werden bei der Auswahl des richtigen Hundes berücksichtigt.
Sobald das perfekte Paar gefunden wurde, erhält der Hund ein zweiwöchiges Training im Wohnhaus der neuen BesitzerIn. Anschließend wird der Hund von der Hundeschule als permanente Leihgabe zur Verfügung gestellt, bis es für den Hund Zeit wird, in den Ruhestand zu gehen.
Jeder Begleithund erhält außerdem eine eigene Hotline, bei der die HundebesitzerInnen anrufen können, wenn sie Hilfe benötigen.
Nikki: ein äußerst intelligenter Hund
Da Francis ein sehr aktives Leben führt und rund um die Uhr Unterstützung benötigt, musste Nikki nach sechs sehr glücklichen Jahren mit Francis, in den Ruhestand gehen. Francis merkte, dass es für ihre Hunde-Freundin Zeit war in Rente zu gehen, als Nikki nicht mehr mit dem Schwanz wedelte, wenn Francis ihre Hilfe brauchte. Mit Claire gab es schon bald eine neue Begleiterin für Francis, doch der Umstieg war alles andere als einfach. Es brauchte intensives Training und mehrere Jahre, um ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis aufzubauen.
Und das ist noch nicht alles, denn Nikki hatte eine besondere Eigenschaft perfektioniert, die bei unseren vierbeinigen Freunden ohne spezifisches Training sehr selten ist: Nikki kann Über- und Unterzuckerung bemerken. Untersuchungen zeigen, dass sich der Geruch und das Verhalten eines Menschen ändern, wenn der Blutzuckerspiegel schwankt. Da Nikki ein äußerst intelligenter Hund ist, bemerkt sie solche Veränderungen sehr schnell und weiß, dass sie Francis dann warnen muss. Dazu stupst sie mit ihrer Nase an Francis‘ Hand… ein ungewohntes Gefühl für Francis aber sehr hilfreich! Bei der Überprüfung ihres Blutzuckers stellte Francis fest, dass Nikki immer richtig lag und sogar schneller war als der Blutzuckersensor.
Kann Claire das auch?
Wie alle großen Schwestern hilft Nikki Claire manchmal. Es ist zwar nicht ihre Aufgabe Claire zu trainieren, doch Claire kopiert das Verhalten ihrer Hunde-Schwester mitunter und hat sehr schnell gelernt mit Francis umzugehen. Mittlerweile bemerkt sie es auch, wenn Francis unter- oder überzuckert ist. Wenn es soweit ist, legt sie beide Vorderpfoten auf Francis‘ Knie. Daher bekommt Francis jetzt nicht nur einen Stupser an die Hand -da Nikki Francis trotz ihres Ruhestands weiterhin warnt- sondern erhält obendrein eine zusätzliche Warnung von ihrem neuen Hund. Und beide Hunde warten geduldig, bis Francis etwas unternommen hat, bevor sie wieder von ihrer Seite weichen.
Wie lange brauchen die Hunde, um diese Fähigkeit zu erlernen?
Nachdem Nikki ein Jahr an Francis‘ Seite verbracht hatte, konnte sie die Schwankungen des Blutzuckerspiegels feststellen. Claire ist das bereits nach sechs Monaten gelungen. Francis ist den Hunden dafür sehr dankbar: „Ich habe sehr viel Glück gehabt, denn ich merke das nicht selbst. Und die beiden Hunde sind schneller als der Blutzuckersensor.“
Aufgrund der COVID-19-Pandemie konnte Claire noch nicht so viel Erfahrung als Begleithund sammeln, wie es normalerweise der Fall wäre, sodass sie jeden Tag weiterhin dazulernen muss.
Weder Nikki noch Claire sind echte Diabeteswarnhunde, sondern Begleithunde, die einfach neue Fähigkeiten erlernt haben. Manche Hunde sind so aufmerksam und haben eine so gute Nase, dass sie diese Aufgabe übernehmen können. Aber im Zweifelsfall ist es immer besser, sich für einen echten Warnhund zu entscheiden.
Nikki und Claire sind beide eine Mischung aus Golden Retriever und Königspudel. Es sind lebhafte Damen mit echtem Charakter und unverwechselbarer Persönlichkeit. Francis hätte es gar nicht besser treffen können.
Musste Francis die Hotline in Anspruch nehmen?
Leider waren Francis und Nikki einmal in einen Unfall verwickelt. Sie wurden von einem Auto erfasst, aber zum Glück wurde niemand schwer verletzt. Doch für einen Begleithund und die Person, die sich auf den Hund verlassen muss, kann ein solcher Unfall verheerende Folgen haben. Beide sind in ihren Rollen so stark voneinander abhängig, dass sie daran arbeiten müssen, diese besondere Dynamik wiederherzustellen.
Nach dem Unfall kontaktierte Francis die Hotline, die eine Person damit beauftragte, den beiden zu helfen. Die drei verbrachten zwei Stunden an der Unfallstelle und liefen die Strecke gemeinsam ab, bis Vertrauen und Leichtigkeit wieder da waren. Die Verletzlichkeit, die Francis ohne die Unterstützung an ihrer Seite empfindet, kann sich auf ihr Selbstvertrauen und ihre Unabhängigkeit auswirken; daher hat dies höchste Priorität.
Weitere Informationen über Begleithunde
Wenn sie an Francis‘ linker Seite geht, ist Claire bei der Arbeit. Ihre Tätigkeit ist sehr intensiv. Wenn Francis mit den beiden unterwegs ist, zählt sie die Kurven und Schritte, die sie zurücklegt, um sich zu orientieren. Mit den Hunden an ihrer Seite kommt sie sicher dort an, wohin sie will. Doch wenn sie unterwegs aufgehalten oder unerwarteterweise gestört wird, ist ihre Orientierung beeinträchtigt. Dann muss sie an den Ort zurückkehren, an dem sie mit dem Zählen aufgehört hat, und von vorne beginnen. Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, Begleithund und BesitzerIn nicht zu stören, denn sie sind vollauf beschäftigt!
Hilfsangebote sind natürlich willkommen, aber nicht immer hilfreich für Francis und ihre Hunde. Obendrein kann es mitunter schwierig sein, dies einer anderen Person zu erklären, da Gespräche nicht einfach sind, wenn man Gesichtsausdrücke nicht wahrnehmen kann. Francis weiß, dass Hilfsangebote gut gemeint sind, aber leider nicht immer die gewünschte Wirkung haben.
Folgendes ist im Alltag zu beachten: Hilfsangebote sind natürlich willkommen, aber nicht immer hilfreich. Ein Kompliment für den Hund ist sehr nett, jedoch ist der Hund Teil eines Teams; daher ist auch ein Kompliment für die BesitzerIn eine freundliche Geste.
Über Francis
Francis hat ein aktives Leben und geht gerne aus. Seit 2015 macht sie das mit ihrem Begleithund Nikki an ihrer Seite. 2021 hat ihr Begleithund Claire die Aufgaben von Nikki übernommen. Francis’ Lieblingsbeschäftigung? Ein schöner Spaziergang durch den Wald. Natürlich mit beiden Hunden!