Einer der schönsten Momente meiner Schwangerschaft war der Tag, an dem ich endlich darüber sprechen konnte. Es meldeten sich so viele Menschen aus meiner Familie und meinem Freundeskreis, ihre Reaktionen waren einfach toll. Weil ich mit meinem Typ-1-Diabetes das medizinische Etikett “Risikopatientin” trage, konnte ich nicht frei darüber entscheiden, wo ich mein Baby zur Welt bringen möchte. Das Krankenhaus war die einzige Option. Es gibt dort ein spezielles “Geburtshaus”, in dem ich ein Zimmer bekommen würde, sobald die Zeit reif dafür war.
Die kleinen und großen Herausforderungen
Wenn eine Frau mit Typ-1-Diabetes ein Baby erwartet, bedeutet das, dass von bestimmten Schmerzmedikamenten unter der Geburt abgeraten wird. Ich hätte eigentlich gern eine Lachgas-Narkose gehabt, doch dieses Verfahren wird bei Typ-1-Diabetes nicht empfohlen. Allerdings wollte ich nur ungern eine Periduralanästhesie (PDA) haben. Es ist in jedem Fall gut, sich über diese wichtigen Details rechtzeitig Gedanken zu machen.
Ein weiterer großer Moment was die Ultraschalluntersuchung in meiner 20. Schwangerschaftswoche: Alles war in Ordnung! Das änderte sich leider in der 24. Woche. Es kommt häufig vor, dass die ungeborenen Babys von Schwangeren mit Typ-1-Diabetes größer sind und schneller an Gewicht zulegen als der Durchschnitt. In meinem Fall war es allerdings genau andersherum. Mein Baby schien mit seinem Wachstum ein wenig hinterher zu sein. So etwas kann passieren, wenn das Baby durch die Plazenta nicht ausreichend versorgt wird. Auch das ist ein Risiko, das bei einer Schwangerschaft mit Typ-1-Diabetes erhöht ist. Ich musste also fortan wöchentlich zur Kontrolle ins Krankenhaus kommen. Wenn alles so weiterlaufen würde, müsste man mein Baby spätestens in der 36. Schwangerschaftswoche holen.
Auch das noch
Ihr könnt euch wahrscheinlich vorstellen, dass mich in so einer Situation die Sicherheitswarnung von Kaleido am 4. März 2020 ziemlich kalt erwischte. Darin hieß es, dass sich aufgrund eines Materialfehlers der Schlauch von der Insulinampulle lösen, sodass weniger oder sogar gar kein Insulin abgegeben werden kann. Daher wurden alle Kunden gebeten, die betroffenen Kaleido Insulinampullen nicht länger zu verwenden und erst einmal auf eine andere Form der Insulintherapie auszuweichen. Bis zu diesem Zeitpunkt war es mir gelungen, meine Glukosewerte mithilfe meiner Kaleido sehr straff im Zaum zu halten. Und nun sollte ich auf einmal auf eine andere Insulinpumpe oder gar zu Injektionen mit dem Insulinpen ausweichen? Beides keine wirklich idealen Optionen, wenn man sich in der 28. Woche einer ohnehin schon herausfordernden Schwangerschaft befindet.
Herzlichen willkommen, Ayleen!
Dennoch gelang es uns, bis zur 36. Woche durchzuhalten: Ich arbeitete nur noch halbtags im Büro, ging viel spazieren umso die bessere Durchblutung der Plazenta anzuregen, versuchte Stress zu vermeiden und möglichst ruhig zu bleiben. Allerdings saß mein Baby mit dem Po voran in Steißlage in meinem Bauch und machte keine Anstalten, sich zu drehen. Nach 37 Wochen und vier Tagen Schwangerschaft hatte ich einen Termin im Krankenhaus, bei dem man eine äußere Wendung versuchen wollte, damit sich das Baby in den letzten knapp anderthalb Wochen doch noch drehen würde. Diesen Gefallen tat es uns leider nicht. Bei meinem Kontrolltermin am 13. April gelang es abermals nicht, das Baby zu drehen.
Es lief also auf einen Kaiserschnitt hinaus. Das Ärzteteam diskutierte ungefähr 20 Minuten und teilte mir dann mit, dass genau jetzt eine gute Gelegenheit für den Eingriff wäre. Nun lag es an mir. Eine Stunde später war ich im OP, und um 13:17 Uhr war Ayleen geboren, mit einem Gewicht von 2.735 Gramm.
Nach 2,5 Tagen konnten wir das Krankenhaus verlassen, wir waren alle wohlauf. Dass ich nun eine Mutter bin, habe ich immer noch nicht voll und ganz realisiert. Ich hatte ja nur einen Termin zur äußeren Wendung – und eine Stunde später war ich “auf einmal” Mama… das fühlte sich wirklich eigenartig an! Nun sind wir seit ein paar Wochen zu Hause, und ich finde mich langsam in meine Rolle hinein. Das Stillen und die vielen Hormone, die mein Körper gerade ausschüttet, bringen mein Diabetesmanagement ziemlich durcheinander. Wir hoffen sehr, dass Kaleido bald wieder auf dem Markt sein wird, sodass ich meine Glukosewerte wieder besser in den Griff bekomme, ohne ständig in Hypos zu rutschen. Denn schließlich will ich das Leben mit meinem kleinen Mädchen möglichst lange und auch möglichst gesund genießen!
Über Lucille
Lucille, Liebhaberin tropischer Orte und dessen, was die Niederländer „gezelligheid“ nennen, arbeitet seit 5 Jahren im Personalwesen und lebt seit 12 Jahren mit Diabetes. Nach all den Partys und Konzerten in den letzten Jahren und unvergesslichen Reiseabenteuern ist es jetzt Zeit, etwas ruhiger zu werden. Bereit für ein neues, erwachsenes Abenteuer, baut sie sich gerade ihr Leben mit ihrem Partner und ihrem Baby auf, das bald auf die Welt kommen wird.