Jedes Mal wenn ich meinen Blutzucker in mein Handset eingebe, atme ich unwillkürlich tief aus. Ein unverkennbarer Seufzer, der sagt: „Ich habe es satt, Diabetes zu haben.“ Schwindelerregend hohe Blutzuckerwerte, Durst, der die Wasserversorgung der halben Stadt in Beschlag nehmen könnte, und viel Frustration… Woher kommen diese hohen Blutzuckerwerte? Ich habe meine Kohlenhydrate sorgfältig berechnet, meinen Bolus rechtzeitig abgegeben und meine Pumpe kontrolliert. Keine Ahnung, woran es manchmal liegt.
Als ich durch meinen Facebook-Verlauf scrollte, sah ich all diese Menschen, die ihre Vorsätze für das neue Jahr teilten. Jemand hat sich im Fitnessstudio angemeldet, jemand anderes will einen Berg besteigen, und noch ein anderer scheint den Schiefen Turm von Pisa für essbar zu halten – und will ihn probieren. Von dem letzten Beitrag mal abgesehen, haben mich diese „Neujahrsvorsätze“ zum Nachdenken gebracht.
Vorsätze der anderen Art
Irgendwann habe ich beschlossen, keine Vorsätze mehr zu machen. Diabetes zu haben, bedeutet ohnehin oft ein Scheitern. Wenn ich nicht im Fitnessstudio war und kiloweise Zucker essen musste, um gegen die Hypos zu kämpfen, saß ich in einer Ecke und weinte, weil dieser kohlenhydratarme Kuchen wie Pappe schmeckte. Trotz meiner Bitten hat mir der Weihnachtsmann immer noch keine neue Bauchspeicheldrüse beschert. Also werde ich darauf auch nicht mehr hoffen.
Ich beginne zu glauben, dass ich den völlig falschen Weg eingeschlagen habe, wenn ich an ein Ziel für 2020 denke. Schließlich geht es bei Vorsätzen in der Regel darum, sich schlechte Gewohnheiten abzugewöhnen. Deshalb gehen die Menschen ins Fitnessstudio. Sie tun es nicht nur aus reinem Bewegungsdrang, sondern um gesünder zu leben. Bei diesem Streben gibt es vielleicht auch jemanden, der auf der Suche nach seinem Glück denkt, dass das Knabbern am Turm von Pisa dabei hilft, es zu finden.
Freundlicher zu mir selbst sein
Ich bin nicht wirklich eine Träumerin, außer es geht um ein neues Ultra-HD-Pankreas. Zu meinem Glück kommt Kaleido diesem Traum in der Realität sehr nahe, aber irgendetwas fehlt noch. Irgendwie ärgere ich mich immer wieder über mich selbst, wenn trotz aller meiner Bemühungen meinen Diabetes in den Griff zu bekommen, etwas schief läuft. Es ist eine traurige Wahrheit, die viele andere Menschen mit Diabetes teilen. Das Gefühl des Versagens, wenn ihr Blutzucker Achterbahn fährt. Das Gefühl, dass du dich nicht genug angestrengt hast – denn hättest du es getan, wäre das nicht passiert.
Vielleicht funktionieren einige Vorsätze einfach nicht für uns. Wir bemühen uns eh rund um die Uhr, alles richtig zu machen und gute Werte haben. Deshalb habe ich einen besser-als-guten Vorsatz für das neue Jahr: freundlicher zu mir selbst zu sein. Es gibt kein Versagen, wenn man Diabetes hat. Der Körper ist ein Kreislauf, der überhaupt keinen Sinn macht. Ein Kreislauf mit Hunderten von unverständlichen Prozessen, die den Blutzucker so leicht beeinflussen können.
Anstatt mich über mich selbst zu ärgern, habe ich beschlossen dieses Jahr stolz auf mich zu sein. Stolz auf das, was ich bereits erreicht habe, und stolz darauf, schwierige Tage durchzustehen. Selbst wenn meine Blutzuckerwerte nur 20 Minuten lang gut sind, sind das 20 Minuten, die ich gewonnen habe. Und das gilt für alle wunderbaren Menschen, die mit Diabetes leben – ihr verdient es, stolz auf euch zu sein, auch wenn es manchmal schwierig ist. Vergesst nicht: Wir haben Diabetes, aber Diabetes hat uns nicht im Griff.
Über Kimberley
Ich bin Kimberley, 23 Jahre alt und seit 2005 Teil der Diabetes-Community. Ich konnte zwar meinen Berufsabschluss der unteren Sekundarstufe machen, aber leider aufgrund von Komplikationen nicht meine Ausbildung als veterinärmedizinische Assistentin abschließen. Trotz meiner Herausforderungen mit Diabetes versuche ich, das Beste aus meinem Leben zu machen: Ich habe zwei Kaninchen, die ich vergöttere, ich versuche, die Aufmerksamkeit für Diabetes in den sozialen Medien zu steigern, und bin gerne kreativ. Seit sieben Monaten bin ich stolze Kaleido-Besitzerin. Abgesehen davon, dass die Pumpe mein HbA1c um 62 % gesenkt hat, hat mir die Unterstützung der Kaleido-Community Seelenfrieden geschenkt und mir das Gefühl gegeben, akzeptiert zu werden.