Während die Feiertage näher rücken und das neue Jahr beinahe schon vor der Tür steht, können es die meisten von uns wohl kaum erwarten, 2020 endlich hinter sich zu lassen und einen Haken hinter dieses unselige Jahr zu machen. Doch für manche von uns war 2020 vielleicht auch ein Jahr mit neuen Chancen, neuen kleinen Erdenbürger (entweder in der eigenen Familie oder im Freundeskreis), Hochzeiten oder Heiratsanträgen (ja, auch solche Dinge kamen vor!), neuen Häusern und anderen schönen Ereignissen, die stattfanden, obwohl wir uns mitten in einer Pandemie befinden.
Es ist also egal, ob du zum Jahresende eine Million tolle Dinge zu feiern hast oder ob du einfach nur glücklich bist, dass das Jahr endlich zu Ende geht – es gibt viele Gründe, an Silvester eine schöne Flasche Sekt zu entkorken. Oder an Heiligabend diese eine Flasche besonders guten Wein zu öffnen, die du dir schon so lange für eine besondere Gelegenheit aufhebst. Nun bin ich grundsätzlich der Meinung, dass “ich alles machen kann mit meinem Diabetes”. Doch wenn es um Alkohol geht, wird die Sache ein bisschen komplizierter…
Vor laaaaanger Zeit, als ich noch Studentin war und selbst keinen Diabetes hatte, war ich mit einem Kommilitonen befreundet, der Typ-1-Diabetes hatte. Seine Mitbewohner erzählten mir regelmäßig Geschichten, wie sie ihn frühmorgens mit zuckerhaltigen Getränken aufwecken mussten, oder wie sie seine Eltern anrufen mussten, die dann vorbeikamen um ihm “eine Injektion” zu geben. All das passierte immer nach Nächten, in denen er viel Alkohol getrunken hatte. Erst nach meiner eigenen Diagnose Typ-1-Diabetes verstand ich, dass es sich bei dieser “Injektion” offenbar um Glukagon gehandelt hatte und dass all das Folge seines Alkoholkonsums und rasch fallender Glukosewerte am frühen Morgen war. Diese Erkenntnis nahm mir die Lust auf Alkohol. Ich entschied damals also, dass ich in der ohnehin schon komplizierten Gleichung keinen weiteren schwer vorhersehbaren Faktor gebrauchen kann und strich Alkohol gänzlich aus meinem Leben.
Allerdings stellte ich nach anderthalb Jahren mit Diabetes fest, dass mir ab und zu doch ein Glas Rotwein zum Essen fehlte, oder ein leckerer Cocktail, wenn ich mit Freunden unterwegs war. Also begann ich zu experimentieren und herauszufinden, welchen Einfluss Alkohol auf meinen Blutzucker hat – unter Einhaltung bestimmter Vorsichtsmaßnahmen. Das mag ein bisschen seltsam klingen, doch damals lebte ich allein in einem kleinen Apartment, ohne einen Mitbewohner oder ein Familienmitglied in der Nähe, die mich im Blick hätten haben können. Als ich also das erste Mal wieder Alkohol trank, übernachtete ich vorsichtshalber bei einem Freund, kontrollierte engmaschig meinen Blutzucker und begann zu lernen, was für mich im Zusammenhang mit Alkohol und Diabetes funktioniert.
Das alles ist nun etliche Jahre her. Doch noch immer schießen mir jedes Mal, wenn die Diskussion aufkommt, ob Menschen mit Diabetes Alkohol trinken dürfen oder sollten, eine Menge unterschiedlicher Gedanken durch den Kopf. Sie reichen von “Klar können wir, aber…” über “Triff deine eigene Entscheidung” bis zu “Nun, es gibt ein paar Dinge, die passieren können, wenn Alkohol im Spiel ist”. Es gibt keine richtige und keine falsche Antwort auf diese Frage. Wenn es darum geht, ob Menschen mit Diabetes rein technisch gesehen ein Glas Wein trinken, lautet die Antwort natürlich ja. Wenn die Frage lautet, ob Alkohol sich auf den Blutzucker auswirkt, antworte ich ebenfalls ja. Auch die Frage, ob damit ein weiterer Faktor hinzukommt, den man bedenken muss, beantworte ich natürlich mit ja. Auf die Frage, ob man deshalb lieber keinen Alkohol trinken sollte, kann ich hingegen keine eindeutige Antwort geben, das liegt allein bei dir! Wenn du dir nicht sicher bis, wie du deinen Blutzucker im Zusammenhang mit Alkohol managen kannst, wende dich an das Diabetesteam in deiner Praxis, probiere es aus, kontrolliere deinen Blutzucker engmaschig und finde es für dich selbst heraus. Denn mit Alkohol ist es wie mit allen anderen Dingen bei Diabetes: Bei dir funktioniert es möglicherweise ganz anders als bei mir.
Doch wie auch immer du es anstellst: Vergiss nicht, deine Drinks zu genießen!
Über Veerle
Mein Name ist Veerle, ich bin 30 Jahre jung (oder alt, wie man es sieht ;-)) und seit 2013 gehöre ich zur „Gemeinschaft“ von Menschen mit Typ-1-Diabetes. Abgesehen davon, dass Diabetes ein (notwendiger) Teil meines Privatlebens ist, habe ich mich auch dafür entschieden, in der Diabetesbranche zu arbeiten. Für 4,5 Jahre habe ich bei JDRF in den Niederlanden als Kommunikations- und Projektkoordinatorin gearbeitet, und seit August 2018 arbeite ich für ViCentra, das Unternehmen hinter Kaleido.